Die jungen Generationen 1 – leistungsunwillig oder cool?

Kurzbeschreibung:
Die jüngeren Generationen – leistungsunwillig oder cool?

Anhand von vielen eigenen Unternehmenserfahrungen und eigenen Recherchen zu den jüngeren Generationen kommen wir immer mehr zu der Überzeugung, dass man Einstellungen, Bedürfnisse und Werte aller Generationen und hier vor allem der jüngeren gut kennen muss, um die Unternehmenskultur und die Personalführung gut im Sinne von erfolgreich darauf einstellen zu können. Nur so Erhöhen wir die Bindungskraft für diese begehrten Arbeitnehmer*innen! Wir haben die These, dass sich die Unternehmen anpassen müssen mit ihrer Kultur und ihren Führungsvorstellungen, um die Besten und Motiviertesten nicht nur zu bekommen, sondern auch zu halten. Um dies tun zu können haben wir ein paar Ideen entwickelt. Doch lesen Sie selbst ...

Viel wird in den Medien vor allem zur GenZ berichtet, aber auch die sogenannte Generation Y ist im Fokus - zumindest im Management von Unternehmen. Sind es doch diese Mitarbeitenden, um die sich alle bewerben, die alle haben wollen, weil wir in Deutschland zu wenig qualifizierte Mitarbeitende haben und noch zunehmend haben werden.

Doch gleichzeitig gibt es viele Zuschreibungen an die Adresse jünger Mitarbeitenden: zu anspruchsvoll, zu wenig „echt“ leistungsbereit, bisweilen übersteigert selbstbewusst und dergleichen mehr.

Ein wenig hört es sich an wie immer: die älteren Generationen beschweren sich gerne über die jüngeren. Es wäre zu fragen, ob die Beschwerden nicht mehr mit ihnen selbst zu tun haben als mit den Jüngeren. Doch das ist ein anderes Thema, das wir gerne in einem nächsten Artikel vertiefen möchten.

Wir wollen uns hier mit der Frage beschäftigen, was denn die jüngeren Generationen wollen, was sie brauchen, um gerne im Unternehmen ihre Kompetenz und Arbeitskraft zu entfalten.

Und darüber hinaus: was müssen, sollten Unternehmen – und hier im Speziellen Führungskräfte und Personalentwickler*innen – tun, damit sie attraktiv sind und bleiben für den gut qualifizierten Nachwuchs?

Unsere Thesen für jüngere Generationen im Arbeitsleben sind die folgenden: 

  1. Es gibt 6 Faktoren, die Jüngere erfüllt haben wollen, um zu kommen und zu bleiben: Entgrenzung von Arbeitszeit und Arbeitsort, eine interessante Tätigkeit, die sie entwickelt, ein gutes sozial und fachlich kompetentes Team, eine Führungskraft, die partnerschaftlich zur Seite steht, das echte Erleben von Selbstwirksamkeit und Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit und der des Unternehmens und natürlich eine angemessene Bezahlung.
  2. Unternehmen müssen sich auf diese Faktoren einstellen, sonst haben sie schlechte Karten gute Leute dauerhaft zu bekommen geschweige denn, sie zu binden. Das heißt im Klartext, dass nicht länger die Unternehmen die Arbeitsbedingungen vorgeben, sondern wachsend die Arbeitnehmer*innen mitbestimmen.

Doch bevor wir diese beiden Thesen verifizieren, werfen wir zuvor noch einen Blick auf die Werte dieser Generationen und ihre Erwartungen an das Arbeitsleben, die sich daraus ergeben.

Dieser Blick auf die Werte der jeweiligen Generationen ebenso wie auf das etwas unterschiedliche Werteverständnis lohnt sich, denn sie geben Auskunft über mögliche Konfliktursachen ebenso wie über Entwicklungstrends in Unternehmen und Gesellschaft. Versuchen Unternehmen diese Entwicklungstrends ernst zu nehmen und die Unternehmenskultur darauf einzustellen, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer besseren Passung von begehrten Arbeitnehmer*innen und dem jeweiligen Unternehmen.

Die Werte sind also recht ähnlich innerhalb der jüngeren Generationen: Gesundheit und Vertrauen stehen auf Platz 1 resp. 2 und umgekehrt und sind damit momentan die wichtigsten Werte.

Allein das „Werteverständnis“ hat sich zwischen den unterschiedlichen Generationen gewandelt: Während Vertrauen bei den älteren Generationen eher als interpersonelle Kategorie gedacht wird, ist bei den jüngeren Generationen Vertrauen umfassender zu verstehen: “Vertrauen i meine Fähigkeiten als Person und Expert*in. Vertrauen in meine Umwelt/Umfeld und meinen Weg“.

Gesundheit als Wert beinhaltet für die jüngere Generationen neben der körperlichen Gesundheit auch Wohlbefinden, mentales und psychisches Wohlergehen und wenig Stress. Für die älteren Generationen geht es beim Wert der Gesundheit deutlich mehr um die physische Gesundheit.

Bringt man diese Werteverschiebung noch in Zusammenhang mit der Tatsache, dass es vor allem bei der GenZ eine deutliche Zunahme von psychischen Belastungen gibt, so wird nochmals klar unterstrichen, wie wichtig der Wert der Gesundheit für diese Generation ist.

Welches sind nun die typischen Erwartungen, die junge Menschen an den Arbeitsalltag haben? Wir beziehen uns hier mit unseren Aussagen auf Forschungsergebnisse aus den jüngsten deutschen Jugendstudien ebenso wie auf eigene Interviews: Wir haben einige Vertreter*innen aus beiden Generationen in ländlichen Regionen in Baden-Württemberg und kontrastierend in Berlin lebend, interviewt. Hier einige Ausschnitte aus diesen Interviews:

„Ein Unternehmen muss klare Werte haben, zudem eine Vorstellung, wie miteinander umgegangen wird, wie man Mitarbeitende sinnvoll beteiligt, eine gute Arbeitskultur schafft und eine offene Feedbackkultur pflegt“(Frieda, 29 J. Berlin).

„Ich habe in meinem Unternehmen große Autonomie, nur mit groben Rahmenbedingungen begrenzt, ... ich bekomme viel Vertrauen entgegengebracht, das gefällt mir sehr gut“(Toni, 26, Ba-Wü).

„Ich werde gefördert, das ist sehr positiv, ... ich kann viel bewegen, wenn ich mich einsetze“ (Rodi, 25, Ba-Wü).

„Ich habe jetzt die Möglichkeit Homeoffice zu machen, ich kann es komplett so machen, wie ich es will, das finde ich gut“(Flo, 33. Ba-Wü).

„Ich erwarte von meiner Führungskraft, dass sie mich ausbildet ..., dass ich Feedback bekomme, dass ich ins größere Bild einbezogen werde, sie sollte eine enge Ansprechperson sein und einfach da sein“(Tobias, 29, Berlin).

„Ein gutes Unternehmen muss mir Herausforderungen bieten und das Gehalt muss passen. ... Ich brauche ein gutes Team, die „hungrig“ sind und Lust haben etwas gemeinsam zu erreichen. Das Team muss fachlich und zwischenmenschlich passen ...“(Lara, 32, Berlin).

„Ich will als Berufseinsteigerin integriert werden, in das Arbeitsgeschehen eingebunden werden, alles gezeigt bekommen und ich will nicht nur die Sachen machen, die andere abschieben ...“(Isa, 22, Ba-Wü).

Unsere Eindrücke und Erfahrungen aus den Interviews sind nahezu deckungsgleich mit aktuellen Ergebnissen aus der Jugendforschung. Nach Schnezer/Hurrelmann sind die Haupterwartungen junger Menschen: Genug Geld, Spass bei der Arbeit, wenig Stress, genug Freizeit neben der Arbeit, eine abwechslungsreiche Arbeit, die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln, remote arbeiten können, viel herumkommen und eine hohe Selbstständigkeit beim Arbeiten.

Daraus ergeben sich Spannungsfelder, innerhalb denen sich junge Menschen derzeit bewegen:

Einerseits scheint es eine hohe Leistungsbereitschaft zu geben, im Kontrast dazu steht die Orientierung an einem erfüllten Privatleben mit viel Spass und Freizeit ebenso wie der Anspruch an eine passende Vereinbarkeit von Beruf und. Familie.

Es gibt den Wunsch nach persönlich sinnerfüllter Tätigkeit und gesellschaftlichem Purpose und damit die Orientierung an gemeinsamen unternehmensrelevanten Zielen einerseits und ein Streben nach ganzheitlicher Autonomie anderseits.

Und als letztes wäre noch zu nennen: Der Wunsch nach einer vielseitigen, herausfordernden Tätigkeit rivalisiert mit dem Bedürfnis nach Beständigkeit und „Verschnaufen“ bei der Arbeit oder anders ausgedrückt: zu lange zu anspruchsvoll darf es auch nicht sein.

Resümierend lässt sich also sagen: Wenn der Rahmen am Arbeitsplatz stimmt und das persönliche Umfeld – Führungskraft und Team – fachlich und sozial gut miteinander „können“, dann sind viele junge Menschen sehr leistungsbereit! Oder differenzierter ausgedrückt, wenn die 6 Faktoren wie sie hier bereits in der These 1 beschrieben wurden gegeben sind, steht einer beständigen und guten Leistung nichts im Wege.

Dazu eine von uns entwickelte Übersicht:

 

Und damit sind wir bei unserer 2. These, dass die jüngeren Arbeitnehmer*innen zunehmend Einfluss auf die Arbeitsbedingungen nehmen und Unternehmensführungen (alle Führungskräfte) ebenso wie der Bereich Human Ressources (HR) dies nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern in ihrer Gestaltung der Arbeitsorte und Arbeitsbedingungen berücksichtigen.

Unsere Empfehlungen sind hier folgende:

 Entwicklung:

  • Weiterbildung als Selbstverständlichkeit etablieren von Beginn der Karriere an.
  • Reverse Mentoring= ältere, hierarchisch höhergestellte Kolleg:innen lernen von den jungen Kolleg:innen und vice versa.
  • Cross Mentoringmit anderen Unternehmen.
  • Institutionalisierte Feedbackrundenmit Vorgesetzten und im Team.
  • Eine größere Passung zwischen jungen Mitarbeitenden und den unterschiedlichen Teams und Tätigkeitsbereichen schaffen: z.B. durchlaufen alle im 1. Ausbildungsjahr oder bei einer Einstellung nach dem Studium verschiedene Bereiche und Teams.
  • Auf- und Ausbau von Netzwerken(gemischt und nur für Frauen).

 

Selbstwirksamkeitserleben:

  • Purpose Workshops immer wieder neu auflegen.
  • Vision und Strategien des Unternehmens kommunizieren:Mein Anteil am Produkt? Der Dienstleistung? Am großen Ganzen? Sinnerleben fördern.
  • Perspektivwechsel ermöglichen:z.B. Lösungen aus Arbeitgebersicht entwickeln lassen. Das dient dazu sich der unterschiedlichen Perspektiven und Notwendigkeiten in der Arbeitswelt klar zu werden und sich bewusst zu positionieren.

Team:
  • Preboarding:frühes Abholen von jungen Menschen, Einbinden ins Team (schon während letztem Studien- oder Schuljahr).
  • Dialog zwischen Jüngeren und Älteren im Team immer wieder initiieren:Storytelling: was ist mir /was dir wichtig? Aufbau von gegenseitigem Verständnis.
  • Mindestens 1 festen Bürotagfür alle in Absprache mit dem Team etablieren.
  • Regelmäßig kurze Teamworkshops: umArbeit qualitativ weiterzuentwickeln und Feedback von Stakeholdern einzuholen.
  • Aktivitäten außerhalb der Arbeitszeitund 
  • Regelmäßig Teamaktivitäten während der AZ(z.B. Sushi Mittwoch …) 

 

Führungskraft

  • Führung "Standby" –also nur, wenn sie eingefordert wird – aber ansprechbar sein und bleiben.
  • Führungskraft hat echtes Interesse an der Weiterentwicklung ihrer Mitarbeitenden und signalisiert dies entsprechend. 
  • Statt Anweisungen eher ein Dialog über Aufgaben und Aufgabenerledigung, Lösungen werden nicht vorgegeben, sondern wo möglich gemeinsam entwickelt.
  • Regelmäßige Feedbackrundenzur Art der Zusammenarbeit und zur Qualität der Leistung.
  • Themen- und Projektverantwortung auf junge Mitarbeitende ausweiten, ihnen dabei etwas zutrauenund gegebenenfalls zeitlich begrenzen. 

Gehalt:

  • Angemessene Bezahlungnach Qualifikation und Arbeitsauslastung.
    • Wertschätzung auch nicht monetär geben,z.B. durch wertschätzende Kritik und Lob, sozialen Events im Team 

 

Entgrenzung von Arbeitszeit und Arbeitsorten:

  • Die Unternehmen ermöglichen Rahmenbedingungen, sodass von überall und zu unterschiedlichen Zeiten gearbeitet werden kann: IT, rechtliche Grundlage, Ausstattung, usw.
  • Zukunftsgespräche: Regelmäßiger Abgleich der Vorstellungen der Mitarbeitenden und den momentan gegebenen Möglichkeiten der Unternehmen: Wo will ich hin? Was ist darstellbar? 
  • Flexibilität und Rücksicht auf individuelle Bedürfnisseund dabei den Fokus auf dem gesamten Team zu behalten: wie können unterschiedliche Bedürfnisse ausbalanciert werden?

Last but not least: es wird eine emotional intelligente und fluide Führung und Betreuung der jüngeren Mitarbeitenden gebraucht. Dazu brauchen Führungskräfte und Kolleg*innen aus HR vor allem Coachingfähigkeiten und viel psychologisches Grundwissen. 

Sie müssen in der Lage sein, feinfühlig unterschiedliche Bedürfnisse wahrzunehmen und angemessen darauf reagieren können und zwar mit der Brille: was brauchen „meine“ Leute wirklich? Was kann ich dazu beitragen? Was kann das Unternehmen dazu beitragen?

Dies ist ein echter Perspektivwechsel, der sicher nicht allen gefallen wird!

Es wird in der Zukunft wichtig sind dieses „fluide“ Führungs- und HR-Verständnis neu zu entwerfen, neue Kompetenzen sich anzueignen, Dinge mit mehr Mut auszuprobieren, gegebenenfalls wieder zu verwerfen, jedoch so lange anzupassen bis man hochflexible Führungskräfte und HR-Spezialist*innen hat, die den Menschen in seiner Ganzheit, wie Frederic Laloux es bereits 2015 beschreibt, angemessen wahrnehmen und eine konstruktive Beziehung aufbauen können.

Eine schöne neue Unternehmenswelt? Sie hat schon begonnen in einigen Unternehmen und weltweit!

Was ist im Moment Ihre größte Herausforderung im Umgang mit den verschiedenen Generationen? Was machen Sie bereits in Ihrem Unternehmen, um Ihren Mitarbeitenden besser gerecht zu werden und sie damit zu halten?

 

Gerne diskutieren wir mit Ihnen solche und andere Fragen! 

Treten Sie mit uns in Kontakt: info@ast-development.de

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